Über Mannesmann, einer der Hauptsponsoren der ungekürzten Gesamtaufführung von Goethes
Faust I und II, wurde das Fachgebiet Entwerfen und Baugestaltung mit der Machbarkeitsstudie
einer sogenannten „Bühnenwegspirale“ (Faust-Spirale) für die Schlussszene in Faust II
beauftragt. In dieser Szene wird Faust über eine langsam und möglichst geräuscharm von der
Oberbühne herabgelassene Spirale in den Himmel geführt. Die außerordentliche Beanspruchung
durch dieses Bühnenbild erfordert eine Gesamtbetrachtung von Bühnenkonstruktion und
Spiraleninstallation. Fast die gesamte Spielzeit ruht die Faust-Spirale unter dem „Himmel“ in ca.
7 m Höhe. In der letzten Szene „Bergschluchten“ gleitet sie langsam und geräuschlos herab zum
Boden (35 cm pro Sekunde). Bei diesem Herablassen des einen Endes der Spirale entsteht eine
gegensinnige Verformung, da der äußere Rand der Spirale im Gegensatz zum inneren Rand eine
längere Wegstrecke – bei gleicher Höhe – zurückzulegen hat. Ein weiteres geometrisches
Problem liegt in der Verkürzung der projizierten Fläche: Eine schräge Ebene ist in der Projektion
kürzer als ihre tatsächliche Länge. Wird nun die Projektion kleiner (engere Wicklung) oder
„wandert“ der untere Punkt kreisförmig zurück? Ist der Widerstand in den inneren Wicklungen
größer als in den äußeren Wicklungen? Und verhält sich die Spirale an den „Längsseiten“ anders
als an den „Schmalseiten“? Der Lösungsansatz bestand schließlich darin, die Spirale ohne
Gelenke auszuführen und die Verdrehung über die Weichheit des Materials zu erreichen: Stahl
soll ausschließlich im elastischen Bereich beansprucht werden, um so eine ästhetisch
befriedigende Deckenuntersicht zu erreichen.